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Hohe Strompreise – für BHKW-Betreiber Segen oder Fluch?

Christian Haldimann, Geschäftsführer der Kompostieranlage Seeland AG, möchte gern die Kapazität seiner Biogasanage und des Biogas-BHKWs erweitern. Sein Kollege …

… Markus Wendler, Betriebsleiter der ARA Davos, sieht in dem Klärgas-BHKW seines Unternehmens «ein Instrument, das uns in dem veränderten Marktumfeld künftig noch mehr Vorteile bieten wird.» Und …

… Jürg Bigler, Berner Fachhochschule, betreibt ein Erdgas-Blockheizkraftwerk und ist trotz der Unsicherheit bezüglich der künftigen Preisentwicklung von der BHKW-Technik überzeugt: «Das BHKW ist so ausgelegt, dass wir den produzierten Strom fast gänzlich für die Eigennutzung im Haus verwenden können. Insgesamt erzielen wir so mit dieser Anlage einen sehr hohen Wirkungsgrad, heizen enorm effizient und können uns obendrein mit dem Grundstrom versorgen.»

In unserer Umfrage sprechen ein Biogas-, Klärgas- und Erdgas-BHKW-Betreiber über ihre aktuelle Situation und die Strategie, mit der sie künftig ihre Blockheizkraftwerke optimal wirtschaftlich nutzen wollen.

«Gasometer-Kapazität ist entscheidender Faktor»

Markus Wendler, Betriebsleiter ARA Davos
Die ARA Davos betreibt seit 2008 und 2010 je ein Avesco Klärgas-BHKW

«Die Lage auf den Energiemärkten hat unsere Situation äusserst stark verändert. Wir haben einen KEV-Vertrag, welcher bis 2028 läuft und uns 24 Rappen für den eingespeisten Strom garantiert. Bis im Jahr 2021 war das attraktiv. Nun, mit einem deutlich höheren Strommarktpreis, sieht das Ganze natürlich anders aus. Am liebsten würden wir unsere Stromproduktion vollständig für Eigenverbrauch nutzen. Aktuell gilt für die ARA Davos der politische Entscheid, im KEV zu bleiben. Sollte der Strompreis aber auf hohem Niveau verharren, könnte ein vorzeitiger Austritt wieder in die Diskussion kommen. Für mich ist ganz klar: Ein entscheidender Faktor für den weiteren erfolgreichen Betrieb unseres BHKW ist die Speicherkapazität. Deshalb planen wir für 2024 den Bau eines neuen Gasometers mit 1'000 bis 1'200 m3 Fassungsvermögen. Das entspricht unserer Tagesproduktion in der Hochsaison. Aktuell verfügen wir über einen Gasometer mit 300 m3. Zusammen mit unserer bestehenden Photovoltaik-Anlage werden wir dann sehr gut aufgestellt sein. Fazit: Es sind bewegte, aber auch spannende Zeiten und wir meinen, dass wir mit unserem Klärgas-BHKW ein Instrument haben, das uns in dem veränderten Marktumfeld künftig noch mehr Vorteile bieten wird, als es dies bisher bereits tut. Zumal wir einen top Wirkungsgrad erzielen, da wir ca. 98% der produzierten Wärme selber nutzen können. Die thermische Nutzung ist bei einem BHKW aus meiner Sicht zwingend geboten.»

 

«Selbst in dieser Marktlage vertretbare Kosten – durch effiziente Anlage»

Jürg Bigler, Leiter Hausdienst Berner Fachhochschule – Hochschule der Künste Bern
Die Hochschule der Künste Bern betreibt seit 2015 ein Erdgas-BHKW

«Grundsätzlich bin ich überzeugt von der Lösung BHKW. Wir nutzen unsere Anlage in erster Linie zum Beheizen unseres Gebäudes, welches eine Grundfläche von 72 mal 74 Metern hat und 18 Meter hoch ist. Der Motor des BHKW heizt den Heizwasserspeicher auf, welcher 16 Meter hoch ist und 56'000 Liter Heizwasser fasst. Das BHKW ist in der Grösse so ausgelegt, dass wir den produzierten Strom gänzlich für die Eigennutzung im Haus verwenden können. Insgesamt erzielen wir so mit dieser Anlage einen sehr hohen Wirkungsgrad, heizen enorm effizient und können uns obendrein mit dem Grundstrom versorgen. Der sehr stark gestiegene Erdgaspreis beeinflusst entsprechend unsere Heiz- und Energierechnung. Da jedoch auch die Strompreise enorm gestiegen sind und tendenziell weiter steigen werden, würde das Heizen mit Wärmepumpen noch mehr zu Buche schlagen.

Mit seiner grossen Shed-Dachfläche würde sich unser Gebäude optimal für die Installation einer Photovoltaikanlage eignen, was jetzt auch der Kanton Bern als Gebäudebesitzer gemerkt hat. Der Kanton hat leise signalisiert, dass er sich wegen des Energiedrucks Gedanken über die Installation einer PV-Anlage macht. Erste Abklärungen der Machbarkeit sind erfolgt. Der damit gewonnene Strom würde die Gebäudebetriebskosten nachhaltig senken und uns unabhängiger machen.

Momentan wird das Fernwärmenetz in der Stadt Bern ausgebaut und führt in die Nähe unseres Standortes. Hier könnte sich künftig ebenfalls eine neue Möglichkeit ergeben, zu Heizwärme zu kommen. Aber welche Lösungen sich in den nächsten Jahren am meisten lohnen könnten und realisiert werden, wissen wir heute noch nicht. In unserem Fall hängt logischerweise viel von der Entwicklung des Erdgaspreises ab. Wir sind den Schwankungen des Erdgas-Marktpreises voll ausgesetzt.

Meine persönliche Einschätzung ist, dass es trotz aller negativer Einflüsse und weltpolitischer Ereignisse zu keiner Gasmangellage kommen wird. Es hat viele Player auf dem Weltmarkt, welche grosses Interesse haben, gegen entsprechendes Entgeld mit Fracking-Erdgas die mögliche Mangellage in Westeuropa zu schliessen.

Mit den milden Wintern in den letzten Jahren waren die Heiz- und Energiekosten wie budgetiert und im Rahmen. Sollte es jedoch wieder mal einen «strengen» Winter geben, wird sich dann zeigen, ob es zu Erdgas- und Stromlücken kommt. Nicht zu sprechen von den dann explodierenden Kosten …

Was mich für die Zukunft zuversichtlich stimmt, ist, dass wir über eine effiziente und zuverlässige Heizanlage verfügen und die Aussicht, dass zeitnah auf dem Dach eine PV-Anlage realisiert werden wird.»

 

«BHKW für uns die beste Lösung – aber die Behörden halten uns auf»

Christian Haldimann, Geschäftsführer Kompostieranlage Seeland AG
Die Kompostieranlage Seeland AG betreibt seit 2016 ein Biogas-BHKW

«Grundsätzlich sind wir mit unserem BHKW sehr zufrieden. Es ist ausgelastet und läuft rund um die Uhr das ganze Jahr über. Der Anlagenbetrieb ist sehr robust und praktisch ununterbrochen. Für unsere betriebliche Situation ist es die beste Lösung. Neu wollen wir das BHKW auch als Absicherung für Stromausfälle nutzen, indem wir in diesen Fällen den im BHKW produzierten Strom prioritär dafür verwenden, den gesamten Betrieb aufrechtzuerhalten, also die Steuerungen, Prozesse, Wägesystem und Weiteres. Vor einigen Jahren prüften wir die Einspeisung ins Erdgasnetz. Mit 5'000 t Kapazität ist unsere Biogasanlage aber zu klein angesichts der beträchtlichen Distanz bis zur Anschlussstelle an die Hauptgasleitung. Daher haben wir seinerzeit davon abgesehen. Unseren produzierten Strom, circa 900'000 kWh pro Jahr, geben wir ins Netz ab. Für unsere Biogasanlage mit BHKW haben wir einen KEV-Vertrag, der uns aktuell 29.1 Rp./ kWh bringt. Einen Teil des Stroms, den wir für den Anlagenbetrieb benötigen, entnehmen wir der eigenen Produktion. Derzeit ist unsere neue Photovoltaikanlage mit 1'050 m2 Fläche im Bau. Nach der Realisierung werden wir unseren Stromeigenbedarf komplett selber decken, und diese Investition wird in sieben Jahren amortisiert sein. Wir würden gern unsere Biogasanlage und das BHKW ausbauen. Wir haben 45'000 t Grünabfälle pro Jahr, könnten also ohne Weiteres die Strom- und Wärmeproduktion um den Faktor 8 erhöhen. Im Idealfall würden wir sogar unsere Kompostieranlage auf 70'000 t Kapazität ausbauen. Das Projekt sieht auch vor, das Seewasser des unweit gelegenen Murtensees für Wärmeproduktionen zu nutzen – wir haben heute bereits eine Zuleitung. Mit all der zusätzlichen Wärme könnten wir den ganzen eigenen Bedarf sowie das Fernwärmenetz speisen, das wir in der unweit gelegenen Gemeinde Mont-Vully realisiert haben. Inklusive des PV-Stroms liessen sich so 20'000 Haushalte mit Energie versorgen! Dem entgegen stehen die Behörden sowie Umweltverbände bzw. die derzeitige Regulierung in der Raumplanung. Eine solche Anlage müsse in der Industriezone gebaut werden, heisst es. Wir sind heute in einer Sonderzone Kompostieranlage.»

 

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