Im Auftrag der Bauherrin IBC Energie Wasser Chur führt die Bündner Bauunternehmung Lazzarini AG seit November 2024 den Aushub für die Baugrube des neuen Unterwerks (Umspannwerk) Lacuna mit integrierter Energiezentrale für die Wärmeversorgung durch.
Das neue Unterwerk wird ein bestehendes Unterwerk ablösen und ist für die Transformierung von Hoch- auf Mittelspannung notwendig. Es versorgt rund ein Viertel der Stadt Chur mit elektrischer Energie. Aus der Energiezentrale werden Gebäude mit Wärme versorgt. Nach Abschluss der Aushub- und Baumeisterarbeiten bis Oktober 2025 ist die vollständige Inbetriebnahme des Umspannwerks für den Sommer/Herbst 2026 geplant. Der Ausbau der Energiezentrale ist 2028 vorgesehen.
Lazzarini hat 10'000 Liter HVO eingekauft
Für den Aushub setzt Lazzarini einen Radlader 950M (ca. 19 t) und einen Raupenbagger 325 (ca. 26.5 t) der nächsten Generation sowie einen Minibagger 301.7 CR ein. Betankt werden diese Baumaschinen mit hydrierten Pflanzenölen (engl.: Hydrotreated Vegetable Oil, kurz HVO) vor Ort auf der Baustelle ab angemieteten Treibstofftanks von Avesco Rent. Im Werkhof der Lazzarini AG in Chur lagert die übrige Menge HVO, welche die Firma von der Schweizer Handelsgesellschaft Volenergy (vormals Oelpool) eingekauft hat, total wurden 10'000 Liter bezogen. Die Baustellen-Treibstofftanks werden im Werkhof befüllt und auf die Baustelle gebracht.
Die Cat Baumaschinen können HVO ohne irgendeine Vorbereitung aufnehmen – einer der Vorteile dieses erneuerbaren Kraftstoffs, sagt Daniel Grossenbacher, Leiter Verkauf Innendienst bei Avesco: «Unsere Caterpillar Baumaschinen sind in der Lage, HVO 100 zu verwenden, dies wird auf einzelnen Baustellen in der Schweiz auch bereits so umgesetzt. Zudem können Cat Baumaschinen mit Biodiesel B20 arbeiten. Das wird bereits seit Jahren auf manchen Baustellen und bei manchen Kunden so umgesetzt.»
«Eine Alternative zu elektrisch angetriebenen Baumaschinen»
Eine Hürde sei derzeit noch die Verfügbarkeit von HVO. Darüber hinaus gibt es einige Vorteile, sagt Daniel Grossenbacher. «HVO und Biodiesel sind nur etwas teurer als konventioneller Diesel. Daher sind diese Kraftstoffe eine schnelle und gute Alternative zu elektrisch angetrieben Baumaschinen, welche in der Anschaffung vergleichsweise teuer sind. Ein weiterer klarer Vorteil ist die Autonomie, also die Unabhängigkeit zum Beispiel von verfügbarer Stromversorgung auf der Baustelle.» Diesel und HVO können im Tank auch gefahrlos gemischt werden.
Was hat die Lazzarini AG zu dem Schritt bewogen? Marc Caminada, Baumeister bei der Lazzarini AG: «Es ist die erste Baustelle, auf der wir als Treibstoff ausschliesslich HVO nutzen. Die Bauherrschaften setzen zu Recht immer mehr auf Nachhaltigkeit. Als Unternehmen sehen wir uns auch in der diesbezüglichen Pflicht, technologisch auf dem neuesten Stand zu sein. Wir sammeln Erfahrungen, Erkenntnisse und investieren, um unseren Kunden Mehrwerte aufzuzeigen und unser Know-how weiterzugeben. HVO auf dieser Baustelle zu nutzen, war unsere Initiative. Sie passt zu unserer Strategie, im Bereich Nachhaltigkeit vorwärts zu gehen und Massnahmen umzusetzen.»
Vergleich HVO vs. Elektro
Wie sieht er den Vergleich mit Elektro-Baumaschinen, mit denen Lazzarini ebenfalls gearbeitet hat? «Mit HVO können wir die Maschinen den ganzen Tag durchgehend, also ohne allfällig notwendige Ladeunterbrüche betreiben», sagt Marc Caminada.
Der Preis für einen Liter HVO – bei einer Bezugsmenge, wie sie Lazzarini bei Volenergy eingekauft hat – liege rund 25% teurer als Diesel, also ca. 40 bis 50 Rp. pro Liter. «Ob man diesen Preis zahlen will, ist schlussendlich eine strategische Frage, also wie hoch der Beitrag und das Engagement zur Verbesserung der CO2-Bilanz sein soll», sagt Marc Caminada.
Einen höheren Verbrauch in Litern pro Betriebsstunde verzeichnet Lazzarini bislang ebensowenig wie Leistungseinbussen. Das ist nachvollziehbar, liegt doch der Energieinhalt von HVO nur ca. 5 Prozent unter jenem von Diesel. Marc Caminada: «Wir ziehen eine positive Bilanz aus den ersten Erfahrungen.»
Gleich äussert sich Claudio Giovanoli, CEO und Mitinhaber der Lazzarini AG. Es gelte, Chancen und Technologien, die einen positiven Nachhaltigkeitsbeitrag leisten können, mitzugestalten und diese einzusetzen. «Massnahmen, die wir als Unternehmen zur Optimierung des CO2-Abdrucks umsetzen, werden aktuell noch zu selten mitberücksichtigt. Dennoch können wir beim Erstellen des Bauwerkes selbst umwelt- und ressourcenschonend produzieren. Ein Beispiel hierfür ist HVO.»
Baggerflotte auf neue Anforderungen ausrichten
Im Rahmen ihrer Digital- und Nachhaltigkeitsstrategie richtet die Lazzarini AG ihre Baggerflotte zusammen mit Avesco auf diese neuen Anforderungen aus. «Auf unseren Baustellen, aktuell auf der Baustelle Unterwerk Lacuna mit der Bauherrin IBC Chur, setzen wir entsprechendes Inventar ein. Dabei orientieren wir uns am neuesten Stand der Verbrauchs- und Leistungstechnik – unter anderem mit optimierten Einsatz- und Transportgewichten, Nutzung von 3D-Steuerungssystemen sowie dem angesprochenen Betriebsstoff HVO. Dank dieser erfolgreichen Zusammenarbeit und Partnerschaft zeigen sich erfolgsversprechende Optimierungen und positive Auswirkungen für unsere Umwelt, Kunden und auch dem eigenen Mindset bezüglich dieser Themen.»
Bauherrin IBC: «Nachhaltigkeit wird für die Vergabe immer wichtiger»
Bauherrin IBC blickt positiv auf das Projekt. Guido Giovanoli, Technischer Leiter Strom und Bauherrenvertreter: «Wir begrüssen es, wenn Projektpartner in ihren Bereichen einen nachhaltigen Weg verfolgen, denn dieses Thema der Transformation ist für uns als IBC Energie Wasser Chur ebenfalls sehr wichtig. Daher finden wir es vorbildlich, dass die Firma Lazzarini den entsprechenden Weg einschlägt. Nachhaltigkeit und Umweltschutz spielen eine zentrale Rolle für die IBC, da das Unternehmen bestrebt ist, Verantwortung für die langfristigen Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft zu übernehmen. Dazu zählen ein ressourcenschonender Umgang, Energieeffizienz und Klimaschutz, Lebenszyklusbetrachtung, Innovationen für den Umweltschutz sowie soziale Verantwortung. Die IBC verfolgt die Strategie, die Energieversorgung in Chur bis ins Jahr 2040 CO₂-neutral zu gestalten. Im Jahr 2023 konnten zum Beispiel 57'189 Tonnen CO₂ eingespart werden.»
Dass Nachhaltigkeitsaspekte künftig bei der Vergabe von Bauaufträgen wichtiger werden, ist für Guido Giovanoli klar. «Wir sind überzeugt, dass das weiter an Gewicht gewinnen wird. Auch bei der IBC wird dies im Rahmen des öffentlichen Submissionsgesetzes seit Langem berücksichtigt und aktiv gefördert.»
HVO: Vorteilhafte Merkmale
HVO weist eine Reihe günstiger Merkmale auf, die jenen von Diesel und übrigen Biotreibstoffen überlegen sind. Zum Beispiel hat es eine sehr hohe Produktstabilität und lässt sich dadurch sehr gut lagern.
Besonderer Clou des Kraftstoffs HVO: Kunden können ihn einsetzen, ohne dabei Abstriche bei der gewohnten Zuverlässigkeit, Leistung und beim anerkannten erstklassigen Kundendienst machen zu müssen, den sie von Cat Maschinen und Anlagen und von Avesco kennen.
Eine Baumaschine lässt sich auch mit einem Gemisch aus HVO und Diesel betreiben. Wer zuerst Diesel verwendet hat und auf HVO umsteigt, braucht die Anlage nicht reinigen oder in irgendeiner Form vorbereiten. Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall, also wenn jemand von HVO wieder auf Diesel wechselt.
Die Wartung an der Anlage bleibt identisch, die Kosten dafür ändern sich nicht, unabhängig von der Art des gewählten Treibstoffs (Diesel oder HVO).