Der Elektroantrieb gewinnt bei Baumaschinen an Bedeutung. In den laufenden Projekten von Avesco und ecovolta werden sechs Baumaschinen von Dieselantrieb auf Elektroantrieb umgebaut. Die Division des Technologieunternehmens ecocoach AG aus Brunnen SZ ist auf die Elektrifizierung von Fahrzeugen in der Industrie spezialisiert. Ecovolta entwickelt und produziert zudem die eingesetzten Batterien.
Die übrigen Maschinen sind ein Hydraulikbagger Cat 320 (23,5 Tonnen), drei Minibagger mit je 1,8 Tonnen und ein Radlader Cat 930M mit 14 Tonnen Einsatzgewicht. Letzterer wird im Materialumschlag in einer Biogasanlage eingesetzt.
In diesen Bereichen gehört dem E-Antrieb die Zukunft
«Die wichtigste Überlegung, die der Kunde sich vor einem Elektrifizierungsprojekt machen muss, ist: Passt eine solche Maschine wirklich zu den Anforderungen meines Betriebs beziehungsweise meines Einsatzgebietes?», sagt Paul Hauser, Chief Technology Officer ecovolta. Es gehe darum, die Maschine dort einzusetzen, wo die Vorteile der Elektrifizierung am besten zum Tragen kommen. Vorteile sind neben den günstigen Betriebskosten (siehe unten) insbesondere der geräuschlose, abgas- und russpartikelfreie Betrieb. Dieser ist unter anderem im Innenausbau, im Umfeld von Einrichtungen wie Spitälern, Kindergärten und Parks sowie in Recyclingbetrieben und generell im Umschlag von Material aller Art, im Tunnelbau oder unterirdischen Grabenbau gefragt.
Die Frage, ob dem Elektroantrieb auch bei Baumaschinen die Zukunft gehöre, beantwortet Paul Hauser deshalb so: «In den Einsatzgebieten, die sich für elektrifizierte Maschinen eignen – ja, definitiv.»
Betriebskosten im Vergleich
Vorteilhaft sind die Betriebskosten. Sie liegen bei rund einem Drittel der Betriebskosten von Maschinen mit Verbrennungsmotor. Dies aufgrund des höheren Wirkungsgrades und da Strom pro Betriebsstunde günstiger als Diesel ist. Der Wartungsaufwand wird weitgehend eliminiert, da alle wartungsintensiven Teile wie Keilriemen oder das Ölsystem entfallen und der Verschleiss im Antrieb minimal ist. «Grob gesprochen amortisieren sich die Mehrkosten der Elektrifizierung nach vier Jahren. Der Wert ist abhängig von Faktoren wie dem Dieselpreis und den geleisteten Betriebsstunden», sagt Paul Hauser. Tendenziell gilt: Je mehr Betriebsstunden eine Maschine pro Jahr leistet, umso schneller rechnet sich der Elektroantrieb.
Minuspunkt: Reichweite
Minuspunkt bei der aktuellen Generation elektrifizierter Baumaschinen ist gemäss Paul Hauser die Reichweite. Um zum Beispiel einen Bagger ganztägig einsetzen zu können, muss er entweder über Mittag circa eine Stunde via Anschluss ans Stromnetz zwischengeladen werden oder zumindest phasenweise per Stromleitung während der Arbeit verbunden sein. Ein Auswechseln der Batteriepacks auf der Baustelle ist nicht ohne Weiteres möglich.
Paul Hauser: «Es ist sehr wichtig, abzuklären, ob die Projekte eines Bauunternehmens mit diesen Einschränkungen durchführbar sind.» Überall dort, wo Arbeiten innerhalb eines überschaubaren Areals durchgeführt werden, spielt der Elektroantrieb hingegen seine Trümpfe aus. Typischerweise: kommunaler Werkhof, Sägewerk, Kompostierwerk, Recyclinghof, Umschlag von Stahlteilen, Transporte auf landwirtschaftlichen Betrieben etc.
Arbeiten, die eine sehr hohe Leistung erfordern oder die an Orten ausgeführt werden, an denen keine Lademöglichkeit während dem Tag zur Verfügung steht, eignen sich auf absehbare Zeit nicht für elektrifizierte Maschinen. Hauser spricht von «den nächsten zehn Jahren». Beispiele sind der Steinbruch und Bauplätze in eher abgelegenen Gebieten. Für solche Anwendungen müsse eine künftige Evolutionsstufe in der Batterieentwicklung abgewartet werden.
Batterietechnologie
Den Strom beziehen die elektrifizierten Baumaschinen aus Batterien, die ecovolta selber fertigt. Diese sogenannten Traktionsbatterien sind Standardbatterien, welche beliebig parallel und seriell verschaltet werden können. Dadurch werden die benötigte Spannung und Kapazität flexibel erreicht. Je nach benötigter Energie wird eine Baumaschine mit der entsprechenden Anzahl Batterien ausgerüstet. Beispielsweise erhält ein 1.8 Tonnen Minibagger eine Traktionsbatterie mit 15 Kilowattstunden, während der grosse Radlader 20 Batterien mit dann insgesamt 300 Kilowattstunden bekommt. Platzmässig ist das kein Problem, eine Standardbatterie mit 15 kWh Kapazität misst gerade 52 x 22 x 44 cm. Da die Batterie die teuerste Einzelkomponente an einer umgerüsteten Baumaschine ist, bieten zusammengeschaltete Standardbatterien enorme Kostenvorteile gegenüber Batterielösungen, die individuell zum Beispiel für eine Firma oder eine Fahrzeuggattung entwickelt werden. Paul Hauser: «Solche ‘Massanfertigungen’ bringen nicht mehr Leistung und verteuern den Umbau einer Baumaschine etwa um den Faktor zehn.»
Stromquellen für Batterien: brachliegendes Potenzial in der Schweiz
Woher soll der Strom kommen, mit dem die Batterien aufgeladen werden? In vielen Fällen vorerst aus dem Stromnetz. Doch es gibt in der Schweiz Potenzial für alternative Stromquellen: Grosse Dachflächen sind noch nicht mit Photovoltaikanlagen erschlossen, Biogasanlagen sind eine weitere Quelle. Der Königsweg lautet: Mit dem selber produzierten Strom die eigenen Maschinen betreiben. Im Bewusstsein gleichwohl, dass noch eine ganze Zeit ein Teil der Energie aus dem Netz kommen dürfte.
ecovolta: Von der Landmaschine zur elektrifizierten Baumaschine
Im Sommer 2018 stellte ecovolta (eine Division der ecocoach AG) ihre erste auf Elektroantrieb umgebaute Baumaschine fertig, einen Minibagger. Die ersten Elektrifizierungsprojekte realisierte ecovolta mit landwirtschaftlichen Maschinen. Inzwischen erhält die Firma, deren Hauptsitz sich in Brunnen SZ befindet, auch Anfragen aus dem europäischen Ausland. Die meisten Anfragen für Umbauten erhält ecovolta derzeit aus dem kommunalen Bereich. Diese Maschinen werden überall dort eingesetzt, wo leise oder abgasfrei gearbeitet werden muss, in der Nähe von Spitälern oder auf Spielplätzen und in Parks zum Beispiel.