Wärmeverbund Süd mit Wärme-Kraft-Kopplung
«Mit der Wärme-Kraft-Kopplung haben wir den Energie-Richtplan optimal umgesetzt und eine ideale Voraussetzung für den Ausbau der Fernwärme schaffen können.» Oliver Schwarz, Abteilungsleiter Wasser- und Wärmeversorgung bei den Infra Werke Münsingen, sieht einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die konsistente Energieversorgung der Gemeinde mit einem laufend expandierten Fernwärmenetz in den politischen Entscheiden der vergangenen Jahre. «Unser Avesco Blockheizkraftwerk (BHKW) ist der logische Schritt aufgrund des politischen Willens der Bevölkerung und der Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten.» Mit dem BHKW, in der 2015 in Betrieb genommenen Energiezentrale stehen maximale Leistungen von 1600 kW thermisch und 1000 kW elektrisch zur Verfügung. Die Anlage wird wärmegeführt betrieben und versorgt ein wachsendes geografisches Gebiet in Münsingen.
Vorreiter in Sachen Energie und Nachhaltigkeit
Die InfraWerke Münsingen bilden eine selbständige, öffentlich-rechtliche Unternehmung der Gemeinde und versorgen eine breite Kundschaft mit Strom, Wasser und Wärme. Im Jahr 2018 schaut man hier bereits auf 20 Jahre Energiestadt-Label zurück – Münsingen war die erste Gemeinde im Kanton Bern, welche dieses Label erhielt. Inzwischen konnte man den Gold-Status erreichen. Mit der Abwärmenutzung der Abwasserreinigungsanlage hat die Ära der Fernwärme Mitte der 1990er-Jahre begonnen. Bereits da wurde das Prinzip der Anschlusspflicht eingeführt. Vor rund 10 Jahren erarbeitete man einen Energie-Richtplan, in welchem einerseits festgehalten wurde, dass schon rund ein Drittel der Liegenschaften mit Wärmepumpen ausgestattet ist, anderseits die auf Gemeindegrund verlegte Erdgas-Versorgungsleitung fürs Berner Oberland eine Option für künftige Ausbauschritte darstellen könnte.
Beim Ausbaus der Fernwärme in südlicher Richtung, in ein Gebiet mit Wohn- und Gewerbe/Industrie-Zonen, kam erneut das Prinzip Anschlusspflicht ins Spiel - ausser man wählt eine erneuerbare Energiequelle. Damit setzte man klare Signale und eine Grundlage für die Planung der Energiezentrale. Mit der Einschränkung, keine Erdwärme- oder Grundwasser-Wärmequellen in diesem Perimeter nutzen zu dürfen, blieben für den Südausbau und den hierfür beschlossenen Einsatz der Wärme-Kraft-Kopplung nur Holz oder Erdgas übrig. Aufgrund der erforderlichen Holzmengen und der damit verbundenen energie- und emissionsintensiven Transporte entschied man sich für Erdgas und den damit betriebenen Blockheizkraftwerken.
Flexible Möglichkeiten für die Erdgasnutzung
Mit dem Gasanschluss hat man in Münsingen aber nicht nur die Versorgung der Fernwärme ermöglicht, sondern auch Optionen für industrielle Applikationen mit Prozesswärme vorbereitet, deren Abwärme erneut in die gesamtenergetische Betrachtung einfliessen kann. Oliver Schwarz sagt: «Der heute mit der geringsten Leistung ausgestattete Anschluss eines Mehrfamilienhauses beträgt im Süd-Netz rund 22 kW, der grösste Abnehmer weist 440 kW auf. Grundsätzlich sind wir auch offen für Einfamilienhäuser, solange sie sich in vernünftiger Reichweite unserer Versorgungsleitungen befinden. Und mit der nun in Realisation befindlichen Verbindungsleitung zwischen dem Nord-Netz und den neueren Süd-Netz ergeben sich Redundanz und mehr Effizienz im Betrieb.»
Die Energiezentrale ist zurzeit erst mit einem Avesco BHKW ausgestattet. Die Temperaturen im Fernwärme-Vorlauf betragen 70 – 80°C, im Rücklauf 40 – 60°C. Im Endausbau lässt sich eine zweite Einheit integrieren und so können die Leistungen verdoppelt werden. Mit zwei 30m3 grossen Pufferspeichern werden die täglichen Verbrauchsspitzen entschärft. Zur generellen Spitzenlastabdeckung dienen drei Zweistoffkessel (Endausbau 4 Einheiten) mit je 2 MW Leistung. Solange die Wärmelieferungen noch unter den berechneten und geplanten Werten lagen, konnte das BHKW nicht optimal betrieben werden. Zu viele Ein- und Ausschaltvorgänge waren Realität. Mit jedem neuen, zusätzlichen Wärmeabnehmer, wie dies nun mit einer weiteren Grossüberbauung und dem Zusammenschluss der beiden Wärmeverbünde (Nord-Süd) erfolgt, stabilisiert sich die Betriebsweise.
Zielsetzungen mit Substanz
Im Endausbau, der 2035 erreicht werden sollte, wird die gesamte Heizleistung über 9000 kW betragen und mit 2000 kW Strom lassen sich dann auch sämtliche Wärmepumpen der Gemeinde betreiben. Während im ersten Betriebsjahr der Energiezentrale Süd erst 2 GWh erzeugt werden konnten und damit knapp 40 Anschlüsse bedient wurden, rechnet man in Zukunft mit beinahe 22 GWh. Die Voraussetzungen sind aus planerischer Sicht und durch die zukunftsweisend gestaltete Energiezentrale optimal vorgegeben.